Reisebericht Südwesten USA 201315. Tag: Scottsdale, AZ - Palm Canyon - Yuma Proving Ground - Yuma, AZHeute schlafen wir mal aus. Um 7:30 Uhr hole ich Kaffee aus der Lobby. Wir packen unsere Sachen und beladen den Wagen. Zum Frühstück gibt es wie gestern eine Überdosis Vitamine. Als wir um 10 Uhr losfahren hat es schon wieder angenehme 38°C, jedoch ist es sehr diesig mit vielen Schleierwolken. Das erste Tagesteilstück führt uns über die Interstate westwärts. Die Fahrt ist unspektakulär und eintönig und macht uns beide schnell wieder müde. Dementsprechend beehren wir jeden Rastplatz auf der Strecke. Um halb eins erreichen wir Quartzside. Das ist aus zweierlei Gründen erwähnenswert. Erstens müssen wir hier nach über 120 Meilen Geradeausfahrt zum ersten Mal wieder abbiegen. Und zweitens ist diese Ortschaft bekannt als Winterlager für tausende Camper aus den ganzen USA und Kanada. Rund um den 3.500 Einwohner zählenden Ort zeugen riesige beeindruckende - und jetzt im Sommer leerstehende - Trailer- und RV-Parks von der Invasion der "Snowbirds" im Winter. Meilenweit ziehen sich diese Flächen noch rechts und links entlang des Highway 95, auf dem wir nun fahren. Zwischen den Milemarkern 85 und 86 biegen wir nach rechts auf die unbefestigte Straße in Richtung Palm Canyon ab. Dieser liegt innerhalb der "Kofa National Wildlife Refuge" und beherbergt die einzig bekannten natürlich gewachsenen Palmen in Arizona. Nach etwa sieben Meilen erreichen wir den Trailhead-Parkplatz. Außer uns ist hier niemand. Der Hike ist one-way zwar nur eine halbe Meile lang, da er stetig ansteigt aber auch recht anstrengend. Die Hitze tut mal wieder ihr übriges. Das sehr dunle Gestein des Canyon bildet mit der grünen Vegetation einen unheimlich tollen Kontrast. Die Blicke zurück auf die Weite des Nirgendwo sind spektakulär.Fast verpassen wir das kleine hölzerne Schild, das uns anweist unseren Blick nach links zu richten. Hier steht die Gruppe Palmen in einem höher gelegenen Seitencanyon. Und wir haben Glück: denn nur für kurze Zeit am Tag scheint die Sonne hier herein und wir sind zufällig rechtzeitig da.Wir genießen eine ganze Weile die schöne Atmosphäre und Ruhe hier. Dann machen wir uns auf den Rückweg. Gegen 14:30 Uhr sind wir völlig verschwitzt wieder am Auto. 42°C zeigt das Thermometer. Auf der Weiterfahrt Richtung Yuma sehen wir jetzt immer häufiger die weiß-grünen Fahrzeuge der Border Patrol auf den umliegenden Hügeln. Über uns schwebt am Himmel außerdem die ganze Zeit über ein schneeweißes Zeppelin-ähnliches sogenanntes TARS (Tethered Aerostat Radar System).Wir durchfahren jetzt den Yuma Proving Ground. Dies ist mit fast 3.500 Quadratkilometern Fläche eines der größten Militärgelände der Welt. Es wird vor allem zum Testen militärischer Ausrüstung genutzt - von Waffensystemen über Hubscharauber bis hin zu Munition. Aber auch Soldaten trainieren hier unter realistischen Wüstenbedingungen bevor sie zu ihren Auslandseinsätzen aufbrechen. Etwa 20 Meilen vor Yuma zweigt links die Imperial Dam Road ab - nicht zu verfehlen wegen der beiden die Einfahrt flankierenden Haubitzen. Hier liegt nach etwa einer Meile Fahrt linkerhand ein kleines Gelände, auf dem historische Panzer und Artillerie ausgestellt sind.Nachdem wir uns hier etwas umgesehen haben fahren wir um 17 Uhr weiter in Richtung Tagesziel. Links und rechts des Highways liegen nun bald riesige landwirtschaftlich genutzte Flächen. Und auch Mexiko ist jetzt ausgeschildert. Bevor wir in unser bei Hotwire für unfassbar wenig Geld gebuchtes Hotel einchecken, füllen wir bei Walmart noch unsere Getränkevorräte auf und statten dem örtlichen Harley Davidson-Händler einen Besuch ab. Zum Essen beehren wir heute endlich mal wieder unsere Lieblinkskette "Applebees". Mit extrem vollgeschlagenen Bäuchen packen wir dann heute unsere Taschen um: nicht mehr anziehbare Klamotten in die eine und frische noch benötigte Sachen in die andere. Außerdem werden die bisher in Tüten im Wagen herumfliegenden Einkäufe endlich vernünftig verstaut. Um 0:30 Uhr liegen wir im Bett. Die Wiederholung des Spiels 4 der NBA-Finals zwischen San Antonio und Miami hält uns allerdings noch eine Weile vom Schlafen ab. Hotel: Clarion Suites / Yuma, AZGefahrene Meilen: 24816. Tag: Yuma, AZ - Imperial Sand Dunes - Anza Borrego Desert - Coronado Island - San Diego, CASo langsam nervt die Hitze. Das wird uns bewusst als wir unser gesamtes Gepäck durch den morgendlichen Backofen vom Zimmer zum Auto schleppen. Um 8:30 Uhr kommen wir los. Ein paar Meilen hinter der Stadt hat uns Kalifornien dann wieder. An der "Inspection Station" werden wir durchgewunken - wir sind ja (laut Kennzeichen) auch Einheimische. Links und rechts der Interstate liegen nun die Ausläufer eines riesigen Dünengebietes, den Algodones Dunes. Besser bekannt sind sie unter dem Namen Imperial Sand Dunes. Das Gebiet ist etwa 85 Kilometer lang und bis zu 10 Kilometer breit, wovon der südliche Teil für das Befahren mit Buggies, ATV, Motorrädern etc. freigegeben ist. Mehrere zehntausend OHV-Enthusiasten tummeln sich hier an Spitzentagen. Der durch die Dünen verlaufende Grenzzaun zu Mexiko ist speziell konstruiert, damit er variabel auf die sich verändernden Höhen gehoben werden kann. Wir halten an einem der Rastplätze für einen näheren Blick auf die Sandmassen bevor es parallel zur Grenze weiter westwärts geht. In Ocotillo verlassen wir um kurz vor elf Uhr die Interstate und fahren auf der Sweeney Pass Road in Richtung Anza-Borrego Desert State Park. Kein Mensch ist hier unterwegs. Und trotzdem hat nach einigen Meilen die Border Patrol einen mobilen Checkpoint aufgebaut. Nach kurzem Interview und genauer Prüfung unserer Pässe dürfen wir weiter. In der Nähe der Carrizo Badlands wollen wir eine weitere Backroad unter die Räder nehmen. Als wir den kleinen Parkplatz am Abzweig der Strecke erreichen kommt gerade ein Rubicon von dieser zurück und hält neben uns. Wir erkundigen uns nach dem Straßenzustand. Er berichtet, daß nach etwa drei Meilen in einer Senke die Strecke extrem ausgespült ist und zwei große Felsblöcke die Beweglichkeit hier einschränken. Mit seinem modifizierten Jeep hat er es ganz gut hinbekommen. Aber er glaubt nicht, dass die Bodenfreiheit unseres Liberty ausreicht, um unbeschädigt dort entlang zu kommen. Wir brauchen nicht lange zu überlegen, ob wir an den letzten Tagen nochmal unvernünftig sein wollen. Bis dorthin zu fahren und sich selbst ein Bild zu machen ist mit großer Wahrscheinlichkeit auch Zeitverschwendung. Deshalb genießen wir einfach die tollen Ausblicke auf die Badlands und machen uns dann auf den Rückweg. In der Gegend um Ocotillo stehen dutzende Windräder. Und kein einziges dreht sich. Naja, irgendwer wird sich dabei ja was gedacht haben. Wir fahren wieder auf die Interstate und bald auch wieder ein Stück nah an der Grenze entlang. Die Felsen links und rechts erinnern hier irgendwie an Geröllhalden. Ein Stau vor einem weiteren Border Patrol Checkpoint kostet uns noch etwas Zeit. Und nachdem 50 Meilen vor San Diego die Landschaft dann wesentlich grüner geworden ist erreichen wir um 13:45 Uhr die Stadtgrenze. Angenehme 23°C sind es nun. Welch eine Wohltat nach all den Tagen in der Gluthitze. Über die Coronado Bridge fahren wir zuerst auf die gleichnamige Halbinsel. Die Brücke ist fast dreieinhalb Kilometer lang, verläuft in einer 80 Grad-Kurve und verbindet San Diego und Coronado. Die Fahrt hierauf ist durchaus spektakulär und bietet wunderbare Blicke auf Skyline und San Diego Bay. Auf der schönen Orange Avenue mit ihren Geschäften und Cafes parken wir unseren Wagen und laufen zu Fuß Richtung Pazifik. Am Strand ist einiges los und die frische Brise hier lässt uns richtig frösteln. Der Himmel hat sich leider mittlerweile ein wenig zugezogen. Das hölzerne viktorianische Luxusresort "Hotel del Coronado" erstrahlt dennoch in voller Pracht und ist für uns Erstbesucher definitiv beeindruckend. 2005 wurde der Komplex um einige im selben historischen Baustil errichtete Strandvillen erweitert. Insgesamt verfügt das Hotel damit über 900 Zimmer. Den Großteil der Halbinsel nehmen mit der Naval Amphibious Base und der Naval Air Station North Island Militärgelände ein. Fährt man auf dem Silver Strand Boulevard ein Stück nach Süden passiert man rechterhand das Trainingsgelände der Navy SEALS mit seinem berüchtigten Hindernisparcour. Wir wenden kurz danach, um wieder über die Brücke nach San Diego zu gelangen. Unser Hotel liegt mitten in der Stadt und um 16 Uhr parken wir unseren Wagen in einem Parkhaus gegenüber. Hier kostet das Parken 28$ und damit 11$ weniger als direkt beim Hotel. Man muss auch mal sparen. Bevor wir einchecken wecken wir aber erstmal unsere Lebensgeister bei einem Starbucks um die Ecke. Wir bekommen ein Zimmer im 14. Stock, bringen die Taschen hoch und gehen dann gleich weiter, um bei Tageslicht noch etwas vom Gaslamp Quarter zu sehen. Dieses ist das historische Herz der Stadt und erstreckt sich vom Broadway bis zum Harbor Drive. Die 5th Avenue gilt als die Hauptstraße des Viertels. Das Flair hier gefällt uns auf Anhieb unheimlich gut. Nach einem kurzen Besuch der Horton Plaza Mall sind wir um kurz vor sieben Uhr wieder im Hotel. Der Akku unserer Kamera ist leer und bekommt etwas Strom. Als wir wieder auf die Straße treten ist es schon deutlich trubeliger. Es ist Freitag Abend und die 5th Avenue - an der auch unser Hotel liegt - füllt sich mit Nachtschwärmern. Vorbei an den unzähligen Bars und Restaurants laufen wir bis hinunter zum Petco Park. Dieses über 42.000 Zuschauer fassende Baseball-Stadion ist die Heimstätte der San Diego Padres und die spielen hier heute gegen die Arizona Diamondbacks aus Phoenix. Unsere Suche nach einem Lokal fürs Abendessen verschlägt uns schließlich zu "Dicks Last Resort". Der Laden ist uns auf dem Hinweg schon aufgefallen. Die ausgelassene Stimmung hier und die Möglichkeit im Biergarten draußen zu sitzen überzeugen uns. Bis heute hatten wir keine Ahnung, daß diese aus insgesamt zwölf Restaurants bestehende Kette ein ganz besonderes Konzept fährt. Darüber, daß jeder zweite Gast im Biergarten eine riesige weiße Papiermütze auf dem Kopf hat, wundern wir uns erstmal gar nicht. Wir gehen von Junggesellenabschieden o.ä. aus. Der Türsteher sagt uns, wir sollen uns einfach hinsetzen wo Platz ist und dann eine Bedienung heranpfeifen. Neben einer Gruppe schon recht lustiger Mädels finden wir einen freien Tisch. Während Caro die Restrooms aufsucht, versuche ich die Kellnerin auf mich aufmerksam zu machen. Die sieht mich auch, ignoriert mich aber erstmal. Ich pfeife also, wie es uns an der Tür gesagt wurde. Das wirkt. Sie kommt. "Wenn Du was zum Aufreißen suchst, dann geh an die Bar. Und hör auf die Mädels am Nebentisch zu stalken." Kaum hat sie das gesagt kommt Caro zurück. Ihr ist auch etwas Merkswürdiges passiert. Als sie aus der Damentoilette wieder auf den Flur tritt, ist der Weg ins Restaurant von einem Rolltor versperrt. Und nirgendwo ist ein Schalter oder eine Leine zu sehen, mit dem es sich wieder öffnen ließe. Eine weitere Frau kommt hinzu, fasst beherzt die untere Kante des Tores und schiebt es nach oben. Die drei Kellnerinnen auf der anderen Seite amüsieren sich königlich. So langsam begreifen wir, wo wir hier gelandet sind. Und vollends klar wird es, als Caro unsere Serviererin fragt, ob man hier an dem Tisch rauchen darf. "Zum Rauchen müsst Ihr einen Tisch weiter vorne am Eingang nehmen. In dieser Ecke hier mussten wir eine Nichtraucherzone aufmachen, weil sich der dicke schlecht gelaunte Opa dort vom Rauch belästigt gefühlt hat.", sagt sie und zeigt auf einen etwas fülligeren älteren Herrn zwei Tische weiter. Der nimmt es mit Humor und wir ziehen um. Unser Kellner hier ist mindestens genauso gut drauf. Als Caro beim Bestellen die Speisekarte in die Hand nimmt, entreißt er ihr diese wieder und sagt: "Nur gucken, nicht anfassen." Die weißen Mützen, die die meisten Gäste hier aufhaben werden von den Kellnern "gebastelt" und mit mal mehr mal weniger lustigen Sprüchen beschriftet. Es dauert natürlich nicht lange, bis auch ich eine übergestülpt bekomme. "Mein String juckt" steht darauf geschrieben. Wir haben unseren Spaß hier. Ständig passiert irgendwo etwas. Nicht alle neu angekommenen Gäste verstehen das Konzept auf Anhieb und so gibt es auch immer wieder empört Aufstehende, die zu lange ignoriert oder blöd angemacht wurden. Ein paar Meter weiter wedelt ein langsam genervter Mann seit etwa zehn Minuten mit seiner Kreditkarte. Endlich fragt ihn unser Kellner, was er denn wolle und warum er hier so eine Hektik macht. Er würde schon seit einer Ewigkeit bezahlen wollen und niemand käme. Woher er denn käme, will unser Waiter wissen. Aus Frankreich. Er zeigt auf uns und ruft: "Schau die beiden Deutschen da vorne. Die sitzen da schon den ganzen Abend, saufen ihr Bier und sind total entspannt. Nimm Dir mal ein Beispiel."Nebenbei lernen wir auch noch zwei Pärchen mittleren Alters aus Orange County kennen, die ziemlich angeheitert vom mittlerweile beendeten Baseballspiel herüber gekommen sind und die nun ihren Teil zu einem für uns denkwürdigen San Diego- Abend beitragen. Um kurz vor Mitternacht ist es dann genug und wir spazieren durch das wild feiernde Partyvolk zurück zum Hotel. Gute Nacht! Hotel: Palomar / San Diego, CA Gefahrene Meilen: 224