Fortsetzung 7. TagDennoch siegt bald die Vernunft und die Einsicht, dass wir hier auf dem falschen Trail sind. Außerdem bin ich - was selten passiert - körperlich wirklich erschöpft vom "sich immer wieder aus dem Schnee ziehen". Und das wir beide hüftabwärts klitschenass sind verbessert das allgemeine Wohlbefinden auch nicht gerade. Der Abstieg fällt etwas leichter und 90 Minuten später sind wir wieder unten an der Schautafel. Und hier kommt die Erleuchtung: wir waren auf dem "Saddleback Pass". Wir hätten von hier nicht geradeaus laufen dürfen, sondern rechts abbiegen müssen. Merke also: wenn der Trail nicht sichtbar ist lohnt sich immer ein Blick auf die Wegweiser. Zum Lookout wollen wir aber jetzt erst recht. Immer noch durch tiefen Schnee, aber nicht mehr so steil laufen wir ca. eine halbe Stunde zu der kleinen Aussichtsplattform.Es gibt einen steilen Abstieg von hier hinunter zum See, von dessen Benutzung bei diesen Verhältnissen an einer Absperrung aber dringend abgeraten wird. Also gehen wir so zurück wie wir gekommen sind und sind um 12:30 Uhr wieder an unserem Auto. Nachdem wir uns im Hotel in trockene Klamotten geworfen haben besuchen wir das Visitor Center im Village. Die Rangerin ist erst irgendwie gar nicht begeistert, dass wir den Saddleback Pass gelaufen sind ("wir haben das nicht empfohlen"), zollt uns dann aber doch Respekt. Sie erzählt uns, dass so gut wie alle Trails in der Lake Louise Area in diesem Jahr noch nicht zu empfehlen sind wegen der ungewöhnlich großen Schneemassen. Wenn das Wetter jetzt so bliebe gebe es aber eine Chance, dass der See in einer Woche eisfrei sei. Schade, dann sind wir nicht mehr hier. Um 13:30 Uhr steigen wir wieder in unser Auto und fahren Richtung Yoho Nationalpark. Die Heizung stellen wir mal wieder auf höchste Stufe - bei gleichzeitig heruntergelassenen Fenstern - um unsere Stiefel zu trocknen. Kurz nach dem Grenzübertritt nach British Columbia steht auf den Bahngleisen neben dem Transcanada Highway unser nächster Bär. Ganz schön mutig, der Gute. Am nächsten Tag lesen wir übrigens in der Zeitung, dass in diesem Jahr schon 5 Bären durch Züge ums Leben gekommen sind, die an den Schienen nach von den Güterzügen gefallener Nahrung suchen. Zurück in B.C. gewinnen wir natürlich auch wieder unsere Stunde zurück und machen einen kurzen Stopp an den "Spiral Tunnels". Von diesem Aussichtspunkt sieht man die beiden Tunnelöffnungen im Berg. Diese Kehrtunnel wurden gebaut, um ein für den Zugverkehr äußerst gefährliches Gefälle von durchschnittlich 4,5% auf ein immer noch gefährliches Gefälle von 2,2% zu senken. Ohne durchfahrenden Zug finden wir es hier allerdings nicht so spannend und halten uns nicht lange auf.Sehr viel spannender ist es an der "Natural Bridge", die sich über den Kicking Horse River spannt und sich bei allerschönstem Sonnenschein von Ihrer besten Seite zeigt.Lustigerweise treffen wir die japanische Familie vom Annette Lake in Jasper wieder und halten einen kurzen Plausch. Der kleine Junge fragt, ob wir schon Bären gesehen haben und ist ganz traurig, - als wir bejahen - dass er noch leer ausgegangen ist. Wir fragen uns, ob Eltern wahrscheinliche Bärensichtungen als Lockmittel für die Kleinen für eine solche Reise einsetzen?Wir fahren die Stichstrasse weiter und sind um 15 Uhr am Parkplatz vom "Emerald Lake". Hier ist jetzt schon ein wenig mehr los, vermutlich aber nichts im Vergleich zur Hauptsaison. Atemberaubend schön liegt der See zwischen dichten Fichtenwäldern und den 3.000 Meter hohen Bergen. Und das Beste ist: er ist eisfrei.Nachdem wir das Panorama ausgiebig von der Brücke zur "Emerald Lake Lodge" bestaunt haben entfliehen wir dem Trubel und laufen links das Ufer hinunter bis zu einer riesigen Avalanche Area, wo alle Bäume und Pflanzen durch immer wieder abgehende Schneemassen abrasiert sind. Leider zieht sich der Himmel nun etwas zu und wir bereuen, uns nicht gleich ein Kanu gemietet zu haben. Kaum sind wir wieder auf dem Transcanada Highway sehen wir die nächsten Bären. Diesmal ist es eine Mama mit ihren beiden Kleinen, die auf einer Lichtung an der Strasse stehen. Als wir etwas abbremsen stellt sich die Mutter auf die Hinterbeine und die Kleinen verschwinden im Wald.Um kurz vor fünf erreichen wir den Trailhead zu den "Wapta Falls". Die oneway 2,5 Kilometer lange Wanderung führt anfangs relativ eben und später "auf und ab" durch relativ dichten Nadelwald zu diesen Fällen des Kicking Horse Rivers. Die ersten Ausblicke hat man von einigen Aussichtspunkten oberhalb der Fälle. Die jetzt wieder scheinende Sonne beschert uns nicht nur angenehme 18°C, sondern auch einen schönen Regenbogen. Wir steigen weiter steil hinab an das Ufer des Flusses und genießen hier noch eine ganze Weile den durch einen Sedimenthügel leider etwas verstellten Frontalblick und die herrliche Ruhe.Wir haben wieder unsere Grillsachen eingepackt und finden am Bow Valley Parkway eine schöne Picnic Area, die wir ganz für uns alleine haben. Gut gesättigt fahren wir nochmal zum Lake Louise und genießen hier um 21 Uhr die Abendstimmung bevor bei ein paar kühlen Bieren auf unserem Balkon ein weiterer wunderschöner Tag zu Ende geht.Hotel: Lake Louise Inn / Lake Louise, ABGefahrene KM: 156 8. Tag: Lake Louise, AB - Banff NP (Moraine Lake, Peyto Lake) - Banff Hoodoos - Bow Falls - Banff, ABEin zweites und letztes Mal genießen wir das wirklich sehr gute Frühstücksbuffet im Lake Louise Inn und sind um 8:30 Uhr "on the road". Der Wettergott hat sein Pulver anscheinend verschossen und ist heute leider nicht mehr mit uns. Am Moraine Lake jedenfalls ist zwar so gut wie nichts los, dafür ist es aber auch sehr bewölkt. Der See liegt auf einer Höhe von knapp 1.900 Metern im "Valley of the Ten Peaks" und wird von diesen zehn Gipfeln äußerst fotogen umrahmt, weswegen er so ziemlich jedes Kanada-Prospekt ziert. Wir laufen ein Stück des Rockpile Trails, beschliessen dann aber bei besserem Wetter noch mal wiederzukommen. Wir hatten gestern ganz vergessen, die Fotos für unsere Schilder-Sammlung zu schiessen und fahren deshalb erneut zur Grenze des Yoho Nationalparks und holen das nach. Weiter gen Norden sieht es nach besserem Wetter aus und so entscheiden wir uns, für einen zweiten Besuch zum Peyto Lake zu fahren.Wir haben gerade den halben Aufstieg zum Aussichtspunkt geschafft, da kommt die doch etwas übergewichtige Frau ein paar Meter vor mir ins Rutschen. Recht schnell hat sie Fahrt aufgenommen und kommt mir auf dem Hosenboden entgegen. Ich kann gerade noch ausweichen, bekomme sie am Arm zu packen und kann so ihren wilden Ritt auf dem Hang beenden, wofür sie mir sehr dankbar ist. Turnschuhe sind halt nicht immer die beste Wahl. Als wir oben ankommen fängt es heftig an zu schneien. Recht bald sind wir ganz alleine. Wir versuchen noch zu dem etwas höher gelegenen Viewpoint zu kommen, aber der Schnee hier ist zu hoch und zu weich, so dass wir bald umkehren. Um 12:30 Uhr fahren wir wieder vom Parkplatz. Es ist jetzt extrem diesig und regnet bei nur noch 4°C. Nachdem wir am Lake Louise Village vorbei sind überspannen immer wieder schön angelegte Wildbrücken den Transcanada Highway. Da wir wegen des andauernden Regens keine weiteren Stopps gemacht haben sind wir bereits um 14 Uhr in Banff und checken in unser etwas oberhalb der Stadt liegendes Hotel ein. Wobei es sich mehr um eine Ferienanlage als ein Hotel handelt. Wir bekommen ein 2-Zimmer-Appartment mit Küche und riesigem Barbecue-Gasgrill vor der Tür - sehr schön. Den Nachmittag verbringen wir mit einem Bummel über die Banff Avenue, der breit angelegten Hauptstrasse mit unzähligen Geschäften und Restaurants. Außerdem füllen wir bei Safeway und im Liquor Store unsere Vorräte für die nächsten Tage auf. Gegen 17 Uhr sind dann auch die letzten Regenwolken verzogen, so dass wir den Banff Hoodoos noch einen Besuch abstatten können. Vom Parkplatz aus gehen viele kleine und größere Wanderwege ab. Zum dritten Mal treffen wir hier unsere japanische Familie und wir fragen uns, wer wohl wen verfolgt. Sie haben immer noch keine Bären gesehen. Die Hoodoos liegen sehr schön oberhalb des Bow River, an dem wir ein ganzes Stück entlanglaufen. Auch einen guten Blick auf das gewaltige "Fairmont Banff Springs Hotel" in der Ferne hat man von hier oben. Wir fahren weiter zur Mount Norquay Road, die sich in vielen Serpentinen zum gleichnamigen Skigebiet heraufwindet. Hier gibt es an einem Pullout einen wunderbaren Aussichtspunkt, wo einem die Stadt und die Vermillion Lakes quasi zu Füßen liegen. Auf der grünen Wiese davor tummeln sich ein dutzend Bighorn Schafe.Eine sehr nette Unterhaltung mit einem kanadischen Veteranen verzögert unsere Abfahrt zu den Bow Falls. Diese liegen inmitten der Stadt unweit des bereits erwähnten "Banff Springs Hotels". Die etwa 9 Meter hohen und 30 Meter breiten Fälle des Bow River sind im Vergleich zu all den anderen Wasserfällen der Region nicht sonderlich spektakulär.Für uns sind sie heute Abend bei Sonnenschein aber ein netter Abschluss eines ansonsten wetter-mäßig durchwachsenen Tages. Um 19:30 Uhr sind wir wieder zu Hause und verbringen den Rest des Abends auf unserer Terrasse am Grill.Hotel: Hidden Ridge Resort / Banff, ABGefahrene KM: 230 9. Tag: Banff, AB - Lake Louise (Little Beehive & Lake Agnes Teahouse) - Moraine Lake - Johnston Canyon - Banff, ABDer Tag heute beginnt für mich nicht allzu gut. Ich vergesse beim Kaffeekochen die Kanne unter die Maschine zu stellen. Den Wischlappen hätte ich danach gar nicht wieder in den Schrank räumen müssen, denn in der Dusche hänge ich den Vorhang nicht richtig mit rein, so dass ich hier gleich die nächste Überschwemmung verursache. So kommen wir erst um 9 Uhr los. Dafür ist das Wetter wieder auf unserer Seite: Sonnenschein, fast keine Wolken und 6°C. Die Zeitung schreibt heute morgen, dass schon wieder ein Bär von einem Zug erfasst wurde - diesmal eine Grizzlymom, deren beiden Kleinen nun keine guten Chancen haben zu überleben. Sehr tragisch! Manch einer mag sich fragen, warum wir nach zwei Tagen am Lake Louise schon wieder dorthin fahren. Das hat einen einfachen Grund: das Lake Agnes Teahouse öffnet heute und wir sind hikingtechnisch gestern nicht auf unsere Kosten gekommen. Am Lake Louise Parkplatz haben die Ranger seit heute eine Nationalparkpass-Verkaufsstelle und Kontrollstation aufgebaut. Man merkt, dass die Hauptsaison jetzt langsam anfängt. Wir haben das Gefühl, dass gleich auch ein paar mehr Leute hier unterwegs sind. Um 10 Uhr begeben wir uns auf den nun geöffneten Trail zum Lake Agnes, der an der rechten Seeseite beginnt. Bis ungefähr zum Mirror Lake sind die Wegverhältnisse recht gut. Dann aber liegt immer mehr Schnee bzw. Matsch bzw. Schneematch auf dem Trail und es geht immer steiler bergauf. Etwas mehr als eine Stunde später erreichen wir den Abzweig zum Little Beehive. Kurzentschlossen biegen wir ab. Ein Trail ist unter dem tiefen Schnee hier überhaupt nicht zu erkennen und auch das alte Spiel mit dem hüfttief Einsacken beginnt wieder.Der zweite Teil des Tages folgt auf der nächsten Seite! Reisebericht Canadian Rockies & Northwest USA 2011