Reisebericht Canadian Rockies & Northwest USA 2011Fortsetzung 9. Tag:Vereinzelte schon etwas ältere Fußspuren zeigen dann und wann an, dass wir wohl noch richtig sind. Mehr als ein halbes Dutzend Menschen kann dieses Jahr noch nicht hier gewesen sein. Teilweise umklettere ich besonders nachgiebige Schneefelder, die für meine Gewichtsklasse einfach nicht gemacht sind. Irgendwann erreichen wir ein baumbestandenes Plateau. Ich stecke jetzt eigentlich nur noch im Schnee fest und schicke ziemlich erschöpft Caro vor, um den Aussichtspunkt zu suchen. Sie tänzelt leichtfüßig zwischen den Bäumen entlang und findet bald den Felsvorsprung. Mit letzter Kraft und auf allen Vieren folge ich ihr. Und es lohnt sich: der Blick von hier oben ist einfach atemberaubend! Wir genießen eine ganze Weile das Panorama und die herrliche Stille. Eine Stunde haben wir übrigens vom Abzweig bis hierher gebraucht. Der Rückweg geht etwas schneller und nachdem wir wieder auf dem Trail sind, ist es auch nicht mehr weit bis zum Lake Agnes und dem Teahouse, dass zum Aufwärmen jetzt natürlich perfekt ist. Dieses wird von einer handvoll junger Leute bewirtschaftet, die oben unter dem Dach wohnen und alle fünf Tage ins Tal absteigen, um die Vorräte aufzufüllen. Um halb drei sind wir nach einer recht rutschigen "Abfahrt" wieder unten am See. Die Sonne scheint noch immer strahlend vom Himmel und hat die Luft mittlerweile auf angenehme 17°C erwärmt. Beste Voraussetzungen um noch einmal zum Moraine Lake zu fahren. Auch hier ist jetzt schon deutlich mehr los als vorgestern. Wir laufen wieder den Rockpile Trail und ein Stück am linken Seeufer entlang. Eine Gruppe Japaner fotografiert sich einer nach dem anderen und wie an einen Jägerzaun genagelt vor dem schönen Panorama. Trotzdem ist es wirklich schön hier und wir bereuen nicht, noch mal hergekommen zu sein. Weil unser Parkpass morgen abläuft fahren wir in Lake Louise ins Visitor Center um nachzulösen. Die Rangerin erinnert sich gleich an uns und fragt, ob wir noch ein paar Schneewanderungen gemacht haben. Sie hält uns für verrückt, als wir ihr vom Little Beehive erzählen. Wir wollen noch zum Johnston Canyon. Dieser liegt auf halbem Weg nach Banff am Bow Valley Parkway, der parallel zum Transcanada Highway verläuft. Um 17 Uhr sind wir dort. Der Trail ist anfangs asphaltiert und führt teilweise auf Holzstegen am Boden der Schlucht entlang. Nach ca. 1 Kilometer erreicht man die etwa 10 Meter hohen Lower Falls.An diese kommt man durch einen Tunnel in einer kleinen Nische ganz nah heran. Wir haben mittlerweile richtig Hunger und die Steaks in unserem Kühlschrank zu Hause rufen immer lauter nach uns. Trotzdem entscheiden wir uns, noch die nächsten 2,5 Kilometer bis zu den Upper Falls zu laufen. Wir ziehen das Tempo also an und stehen bald vor diesen etwa 30 Meter hohen Fällen, die uns aber nach den bisher auf unserer Reise Gesehenen nicht sonderlich beeindrucken. Um 18:30 Uhr sind wir wieder an unserem Auto. Wie groß unser Magengrummeln ist zeigt sich daran, dass wir für eine mit drei Stunden veranschlagte Wanderung nur die Hälfte an Zeit benötigt haben. Bis nach Banff sind es jetzt nur noch etwa 20 Kilometer und wir haben den Bow Valley Parkway fast für uns alleine. Allerdings darf man auch nur 60 km/h fahren, so dass sich die Strecke zieht wie Kaugummi. Zu Hause angekommen wird dann endlich sehr lecker gegrillt. Wir zünden den Kamin an und während Caro im Internet Wetter und road conditions für die nächsten Tage checkt schaue ich das 2. Spiel der NBA-Finals. Dallas liegt 6 Minuten vor Schluss 15 Punkte zurück, doch dank eines überragenden Dirk Nowitzki besiegen sie Miami durch einen Korb von ihm drei Sekunden vor Ende mit 95:93. Hotel: Hidden Ridge Resort / Banff, ABGefahrene KM: 155 10. Tag: Banff, AB - Calgary (Olympic Park) - Glacier NP / USA (St. Mary Lake, Many Glacier) - East Glacier, MTHeute steht wieder ein längerer Fahrtag an. Deshalb stehen wir um 6 Uhr auf, bereiten uns einige Snacks für den Tag zu und verlassen um 8 Uhr Banff. Bald nachdem wir die Ortschaft Canmore durchfahren haben ändert sich die Landschaft völlig. Die schneebedeckten Gipfel der Rockies sehen wir nur noch im Rückspiegel und vor uns liegen bewaldete Hügel und endlose Rinderweiden. Relativ unvermittelt erreichen wir Calgary und den Olympic Park. Die Olympischen Spiele hier 1988 sind mir noch in guter Erinnerung - vor allem natürlich "Eddie the Eagle" und der Jamaica-Bob. Deshalb macht es Spaß hier über das Gelände zu streifen, welches heutzutage auch im Sommer für alle möglichen Outdoor-Aktivitäten genutzt wird. 200 Kilometer geht es dann nur geradeaus durch relativ öde Landschaft. Hat das Benzin bisher immer so zwischen 1,25 € und 1,30 € pro Liter gekostet, bezahlt man hier in der Pampa nur 1,15 €. Landschaftlich interessanter wird es, als wir auf den Highway 3 Richtung Westen abbiegen. Denn nun fahren wir direkt auf die schneebedeckte Bergkette des Waterton Lakes Nationalparks zu, die am Horizont imposant wie aus dem Nichts aus der ansonsten grünen Wiesenlandschaft aufsteigt. Kurz hinter der Ortschaft Pincher Creek zeigt uns ein Schild an, dass die US-Border Station am Chief Mountain Highway heute von 9 - 18 Uhr geöffnet ist. Sehr gut! Als wir für eine kurze Pause aus dem Wagen steigen ist es so extrem windig, dass uns schnell klar wird, warum hier überall so immens viele Windräder stehen. Um 13:30 Uhr erreichen wir den Parkeingang des Waterton Lakes NP und machen ein Picknick an dem sehr schönen Maskinonge Lake. Eine halbe Stunde später fahren wir an dem kleinen Grenzhäuschen vor und erleben unsere allererste Einreise auf dem Landweg. Während die beiden Officer schnell ihren Donut aufessen, müssen wir an einem Stoppschild ein Stück davor warten. Erst auf ein Handzeichen hin darf man vorfahren. Ich weiss nicht, ob man während des Wartens vielleicht geröntgt wird oder fotografiert. Wie auch immer - es folgen die üblichen Fragen und dann die Aufforderung, das Fahrzeug auf den Parkplatz zu stellen und ins Office zu kommen. Die beiden Beamten warten schon auf uns an ihren Countern. Hier legen wir unsere Pässe vor, bezahlen die Einreisegebühr und geben unsere Fingerabdrücke ab und sie tippen unsere Daten in ihre Computer ein. Alles Routine - denken wir. Bis sich die beiden auf einmal anschauen und gleichzeitig sagen: "mismatch". Während ich noch in Gedanken alle meine kleinen und großen Sünden durchgehe und mich frage, was ich wohl angestellt habe, klärt der herbeigerufene Supervisor die Situation auf: die beiden hatten unsere Pässe vertauscht, so dass die Fingerabdrücke nicht mehr gepasst haben. Das folgende allgemeine Gelächter lockert die Atmosphäre wieder auf.Es ist ein gutes - fast heimatliches - Gefühl, amerikanischen Boden unter den Rädern zu haben. Im St. Mary Visitor Center freut man sich auch uns zu sehen. Wahrscheinlich weil wir die einzigen Besucher sind. Wir checken ab, welche Aktivitäten möglich sind, decken uns mit Kartenmaterial ein und schauen den kurzen informativen Film über den Park im Kinosaal. Das die Going-to-the-sun-Road gesperrt ist, wussten wir vorher. Aber man kann an beiden Enden ein Stück hereinfahren. Die Ostseite ist frei bis zum Jackson Glacier Overlook und an diesem Teilstück liegt der St. Mary Lake.Es weht bei 4°C ein eiskalter stürmischer Wind, aber trotzdem verbringen wir hier eineinhalb Stunden, weil es hier wirklich wunderschön ist. Caro sieht an einem spärlich bewachsenen Hang in der Ferne auf einmal einen Grizzly. Ich sehe erstmal gar nichts, mit viel gutem Willen vielleicht einen Busch oder eine Hecke. Aber der Blick durch das Teleobjektiv beweist es: sie hat Recht. Es ist kurz vor sechs als wir die Going-to-the-Sun-Road wieder verlassen und damit noch Zeit genug für einen Abstecher in die Many Glacier Area ein Stück weiter nördlich. Am Lake Sherburne sieht Caro mit bloßem Auge wieder Bären am Hang. Diesmal ist es noch weiter weg und es sollen gleich drei Grizzlys sein. Ich zweifle an meiner Sehkraft. Mit höchster Zoom-Stufe an meiner Videokamera erkenne ich sie dann aber auch. Die beiden Fotografen, die auf uns aufmerksam werden, können es auch nicht glauben. Freudig erregt sind sie erst, nachdem meine Frau ihre riesigen Teleobjektive auf das Ziel eingestellt hat.Durch die wunderbare Abendsonne geht es dann nach East Glacier - oder East Glacier Park Village wie es vollständig heißt. Der Ort hat vielleicht 500 Einwohner und einige einfache Motels, Restaurants und Shops. Bis zum heutigen Tag war unsere Route fest geplant und alle Unterkünfte vorgebucht. Im Internet hatte uns das Mountain Pine Motel einen ganz netten Eindruck gemacht und mit seinem Besitzer Terry hatte ich von Deutschland aus vor einigen Monaten ein sehr nettes Telefonat. Als wir um 20:30 Uhr vorfahren begrüßt er uns dann auch sehr herzlich. Das Zimmer ist einfach, aber für den Preis absolut in Ordnung. Die einzigen weiteren Gäste - ein amerikanisches Ehepaar - wohnen direkt neben uns und freuen sich irgendwie auch uns zu sehen. Kann aber auch daran liegen, dass sie schon einige Biere und Spirituosen intus haben. Auf eben diese laden sie uns ein. Das letzte Mal, als wir von einem amerikanischen Ehepaar zum Saufen eingeladen wurden war in Ouray, Colorado. Da waren unsere Zimmernachbarn zwei Whiskey-Fans aus Kentucky und ich hatte noch bis zum nächsten Abend einen flauen Magen und zittrige Hände. Diese Episode im Hinterkopf und weil wir noch etwas essen müssen schlagen wir die Einladung dankend aus. Sie empfehlen uns das Serranos, ein mexikanisches Restaurant in der Nähe der Hauptstrasse. Terry hatte uns dies auch schon ans Herz gelegt. Und tatsächlich: wir haben einen tollen Abend hier bei super Essen in gediegener Atmosphäre mit einer ganz netten Bedienung. Absolut empfehlenswert!An der Tanke nebenan wollen wir uns danach noch ein paar kühle Bier holen. Es ist 22:03 Uhr. Hier nehmen sie ihre Öffnungszeiten penibel genau, denn seit drei Minuten ist Feierabend und der Chef ist nicht bereit die Tür noch mal aufzuschließen. Naja, es geht auch ohne. Terry's Motel erweist sich als sehr hellhörig und ständig knackt und knirscht es irgendwo. Die Gedanken an irgendwelche Gruselfilme kann ich meiner Frau irgendwann austreiben und so schlafen wir um Mitternacht ein. Hotel: Mountain Pine Motel / East Glacier, MTGefahrene KM: 636
11. Tag: East Glacier, MT - Galcier NP (Two Medicine, Red Rock Point, Lake McDonald) - Kalispell - Flathead Lake - Polson, MTNachdem wir uns von Terry verabschiedet haben holen wir uns gegenüber bei "Brownies" einen Kaffee und fahren um 8 Uhr los in Richtung Two Medicine Area. Es verspricht heute ein sehr schöner Tag zu werden, denn die Sonne scheint bei wolkenlosem Himmel und 8°C. Am Trailhead zum Running Eagle steigt gerade eine Gruppe von acht bis zehn finster dreinblickenden jungen Männern aus ihren Pick-Ups mit Kansas-Kennzeichen. Ausnahmslos alle tragen offen eine Handfeuerwaffe im Halfter. Caro ist das nicht ganz geheuer, da im Ernstfall die Gleichheit der Waffen nicht gegeben ist und wir verzichten auf diese Wanderung. Also fahren wir weiter zum Two Medicine Lake. Wunderschön ist es hier, auch wenn der Wind heute morgen noch sehr eisig weht.Um kurz vor zehn sind wir wieder in East Glacier und kehren im "Glacier Village Restaurant" zum Frühstück ein. Obwohl wir die einzigen Gäste sind, warten wir für amerikanische Verhältnisse erstaunlich lange auf unser Essen. Doch es lohnt sich: die Omeletts sind wirklich phantastisch.Für einen Stopp auf dem Highway 2 hat uns Terry den "Goat Lick" empfohlen. An dieser Stelle des Ufers der "Middle Fork of the Flathead River" kann man oft Mountain Goats und andere Tiere beobachten. Der Parkplatz befindet sich etwa 2 Meilen südlich der Walton Ranger Station. Der Abzweig sollte eigentlich ausgeschildert sein, war er aber nicht. Gefunden haben wir ihn trotzdem, er befindet sich in einer Kurve kurz nach dem Milemarker 183. Ein kurzer Weg führt zum Overlook. Leider sind heute keinerlei Tiere da. Dafür lernen wir einen sehr netten Mann aus Florida kennen, der gerade von der Wolfsbeobachtung im Yellowstone kommt, wo er die Winter verbringt. Über die anregende Unterhaltung vergessen wir etwas die Zeit und so kommen wir erst um 12 Uhr wieder los. Eine halbe Stunde später erreichen wir West Glacier und fahren auf die Going-to-the-Sun-Road. Der zweite Teil des Tages folgt auf der nächsten Seite!